Frau Wiebold und der schwule Frosch

Der Gewalttherapeut Thomas Hölscher stellt sein Erstlingswerk "Frau Wiebold und der schwule Frosch" vor; THOMAS HÖLSCHER, FRAU WIEBOLD UND DER SCHWULE FROSCH am 29.11.2018 in Wattenbek,(Bahnhofstraße 22),Olias Haus,Photo: Michael Slogsnat, Bordesholm.

Pädagogische Bücher gibt es wie Sand am Meer, auch solche, die sich mit schwierigen oder gewaltbereiten Charakteren beschäftigen. Mit „Frau Wiebold und der schwule Frosch“ ist dem Gewaltpädagogen und Tätertherapeuten Thomas Hölscher ein überaus spannendes und berührendes Buch gelungen. In 30 Kapiteln erzählt Thomas Hölscher von jungen Schicksalen, die ausweglos umherirrten, sich in Gewaltexzessen verrannten und schließlich bei Thomas Hölscher im Haus Narnia landeten.
Das Haus Narnia ist eine therapeutische Lebensgemeinschaft, ein sicherer Zufluchtsort für Jugendliche, die geprägt von Gewalt, Drogen, familiärer Ablehnung und gesellschaftlicher Ausgrenzung dort zum ersten mal in ihrem Leben Wertschätzung erleben. Wie kam es dazu, dass der Lese- und Schreibgegner (wie es zu dieser „Gegnerschaft“ kam, wird im Buch auch erzählt) anfing die Geschichten aufzuschreiben? Zum Einen war es ein 15jähriger Junge, der an Krebs verstarb, ihn hatte Thomas Hölscher bis zu seinem Tod begleitet. Der Junge bat Hölscher seine Geschichte aufzuschreiben. Zum anderen war da ein Mitarbeiter, der immer wieder Hölscher aufforderte die Geschichten aufzuschreiben. „Du musst das für die Leute zugänglich machen, was du da machst“, waren seine Worte. Zu letzt war es wohl ein Abendessen mit einem Fachkollegen, der ihn endgültig motivierte ein Buch zu schreiben. Er fing an die ersten Texte zu schreiben, gab diese Texte fremden Menschen mit der Aufforderung diese Texte zu lesen, um ein Feedback zu bekommen. Das waren sehr spannende Erlebnisse. Die Auswahl war sehr willkürlich, im Urlaub am Strand hat er Badegäste einfach angesprochen und war über die Reaktionen der Urlauber, die zum Teil normalerweise keine Bücher lasen, von den Socken. Sie konnten mit den Texten was anfangen, damit hatte er nicht gerechnet. Diese Reaktionen führten dazu, dass das endgültige Buch wesentlich autobiografischer wurde. Die Testleser_innen meinten, dass sie mehr über die Person des Gewaltpädagogen und Tätertherapeuten Hölscher erfahren müssten, um die Geschichten im Buch besser einzuordnen. Es sollte schliesslich kein Lehrbuch werden, sondern eher eine schriftstellerische Wegbeschreibung von Thomas Hölscher und seiner Arbeit im Haus Narnia. Nicht selten kommen junge Menschen mit vernichtenden psychiatrischen Gutachten zu Hölscher.
Über viele Jahre hinweg vertiefte er sein Verständnis zu diesen Jugendlichen, indem er bereit war eine tiefe, ehrliche Beziehung einzugehen. Weg von dem alten und noch gültigen Lehrsatz von der professionellen Distanz, die ein Therapeut waren sollte, hin zu der professionellen Nähe. So ist es nicht verwunderlich, dass diese Jugendlichen Hölscher viel beigebracht haben. Mit den normalen pädagogischen Mitteln wären diese Erfolge nicht möglich gewesen. Dies war auch einer der Gründe, warum er das Buch geschrieben hat. „Ich bekomme jetzt viele Rückmeldungen von Menschen, die das Buch berührt hat“, freut sich Thomas Hölscher. Er sieht sich nicht als Schriftsteller, ist aber glücklich, dass Fachleute erkennen, dass der Text lektoriert und revidiert wurde, dass der Mediengestalter, der Buchdrucker und Buchbinder ein wertvolles Werk geschaffen haben. Damit unterscheidet sich sein Buch auch deutlich von den vielen selbstverlegten Büchern. Wie sich das mit Frau Wiebold und dem schwulen Frosch verhält, sollten Sie selbst im Buch lesen.